Taylor Swift und die Fuji x100VI - It´s a love story?
Jetzt wird es emotional! Wer Lobhudeleien weder über Fujifilm noch über Taylor Swift ertragen kann, darf jetzt gerne wieder gehen. Hier eine völlig subjektive Betrachtung beider Attraktionen. Denn selbst Wochen nach dem Konzert in Gelsenkirchen liegt immer noch reichlich Konfetti in meinen Erinnerungen – rund um diesen Superstar. Besser gesagt: um beide Superstars – Taylor und die Fuji. Beide sind ausverkauft. Taylor füllt ihre Stadien, und das verfügbare Kartenkontingent war schnell vergriffen. Die Swifties, die keine Karten bekommen haben, standen zu Tausenden vor den Arenen, um zumindest in der Nähe ihrer Lieblingssängerin zu sein. In München waren z. B. ca. 20.000 Fans um das Olympiastadion versammelt.
Die aktuelle Edel-Kompaktkamera Fujifilm X100VI ist ebenfalls gnadenlos ausverkauft. Jetzt bestellen heißt: 6 Monate Wartezeit mitbringen. Oder man hat Glück. So wie der Ersteller dieses Artikels. Hatte ich doch bei beiden Glück – bei den Karten und auch bei der Kamera. Karma.
Die kleine Kompakte von Fuji hatte ich schon während unseres Barcelona-Trips im Visier. Das wäre die perfekte Kamera gewesen: klein, leicht, unauffälliger als meine große Nikon, wenn auch nicht gänzlich unsichtbar. Und dann natürlich dieser Retro-Chic. Was soll ich schreiben – ich bin diesen optisch an alte Filmkameras angelehnten Fotoapparaten gänzlich verfallen. Außerdem hat das anstehende Taylor-Swift-Konzert den Kreis der Kandidaten schnell schrumpfen lassen. Auf derartigen Veranstaltungen sind keine „professionellen“ Aufnahmegeräte erlaubt. Auf Nachfrage teilte man mir mit, dass unter anderem kein Wechselobjektiv und Superzoom erlaubt sind. Also nur eine Kamera mit fest verbautem, kleinem Objektiv. Eine Leica Q3 mit 60 MP am Vollformat wäre also gegangen. Seufz. Die Leica für den ambitionierten Swiftie ist jedoch die X100-Serie von Fujifilm. So hatte die Kleine aus Japan das Rennen gemacht, und drei Tage später konnte ich eine zum regulären Preis ergattern. Für alle, die immer noch warten: Das war pures Glück. Und dafür wird mir jedes Toastbrot für den Rest meines Lebens immer auf die belegte Seite fallen.
Am Konzerttag haben sich für mich also zwei Wünsche gleichzeitig erfüllt: Endlich „Shake it Off“ live erleben und nebenher mit einer schicken Fuji Bilder knipsen. Einschränkungen waren natürlich von vornherein klar. Durch den Sitzplatz ließen sich die Bilder immer nur von einer Position aus machen. Zudem kann das auf Vollformat berechnete 35-mm-Objektiv keine super Teleshots zaubern. Sei es drum. Dank der 40 MP konnte ich die Bilder später richtig schön croppen, was ich auch oft genug gebraucht habe. Die Position hinter einem Mast und vor dem „Technikgraben“ ist auf Weitwinkelaufnahmen natürlich keine Offenbarung. Während das Ganze live gar nicht so gestört hat, nervt es auf den Bildern dafür umso mehr. Dafür hatten wir den vorderen Teil der Bühne direkt vor uns. Nice!
paramore? Paramore!
Wir sind bereits einen Tag zuvor angereist. Nicht weil wir langsam alt werden – hust – sondern weil wir es bequem mögen. An diesem Tag fand das zweite von drei Konzerten in „Swiftkirchen“ statt, so wurde Gelsenkirchen nämlich, zumindest temporär, umbenannt. Als der größte Tross ins Stadion marschierte, schlenderten wir entspannt über das Stadiongelände in Richtung Merchandise-Stand. Während wir in der nun deutlich kleineren Schlange standen, begann im Stadion Paramore mit ihrem Auftritt. Uff, das klang schon draußen überraschend gut. Für mich war klar: Am nächsten Tag dürfen wir keine Minute zu spät im Stadion sitzen. Wir waren pünktlich, und es hat sich gelohnt. Paramore, insbesondere ihre Frontsängerin Hayley Williams, legte richtig los. Stimmgewaltig und dezent aggressiv, mal rockig, mal schnulzig. Irgendwie wirkte sie auf mich jedoch etwas erschöpft – das was-weiß-ich-wievielte Mal, das sie vor der großen Taylor ein noch nicht ganz volles Stadion anheizen musste. Irgendwo aber auch verständlich. Die 45 Minuten gingen trotzdem ruckzuck vorbei.
Die Swift!
Wie soll man eigentlich die Stimmung beschreiben, die dort im Allgemeinen herrschte? Zunächst zur Einordnung: Ich bin kein Hardcore-Swiftie. Die Tatsache, dass ich nicht einmal selbstgebastelte Armbändchen zum Tauschen hatte, disqualifiziert mich prinzipiell auf Lebenszeit davon, auch nur annähernd den Status „Fan“ zu erreichen. Das Album 1989 hat mit seinen zahlreichen Hits in seinem Erscheinungsjahr dafür gesorgt, in meine Mediathek zu wandern, und bleibt neben dem später erschienenen Reputation eines meiner Lieblingsalben. Allerdings lege ich nicht sonderlich viel Wert auf Text und Sinnhaftigkeit dahinter – die viel bessere Strahlkraft, gerade dieser Alben, sind doch die sich niemals abnutzenden Refrains. Gute Laune und im Auto mitträllern – wer das bei „Shake It Off“ noch nicht gemacht hat, ist mir eh suspekt. Das letzte Album The Tortured Poets Department hat mich folgerichtig zunächst nicht so abgeholt. Auch ist sie definitiv nicht meine Lieblingssängerin. Das wird wohl für immer Sia bleiben. Auch Stimmwunder wie Marina (aka Marina and the Diamonds), Lana Del Rey oder Adele ordne ich in meinem, mit Verlaub, persönlichen Gesangsranking klar über Taylor Swift ein. Trotzdem finde ich sie gut und war absolut bereit, eine nicht gerade kleine Summe für zwei Tickets und eine Unterkunft in der Nähe des Stadions hinzublättern. Sie ist der Superstar unserer Zeit und vermag es wie keine andere Künstlerin oder kein anderer Künstler, über Monate hinweg Stadien zu füllen. Ihre Musik trifft oft den Zeitgeist und hinterlässt nie das Gefühl, jemanden zurückzulassen. Das oft strapazierte Wort „Safe Space“, welches quasi mit Taylor einhergeht wie ihr Bodyguard, lässt sich nicht besser beschreiben. Sie hat diesen Safe Space erschaffen, und ihre treue Anhängerschaft füllt ihn aus.
Und das hat man gemerkt. Die ganze positive Aufregung rund um das Konzert des US-Superstars hat sich vor dem Stadion konzentriert wie feiner Glitzer in einer Fabrik für flauschige Einhörner, nur um sich dann beim ersten Erscheinen von Taylor in einer tosenden Ekstase zu entladen. Wow, was hat diese Frau erschaffen? Gleich nach dem Intro deutet Ms. Americana mit ihrem allmächtigen Zeigefinger durch das Stadionrund und lässt die Menge nochmals richtig einen draufpacken an lärmendem Getöse. Meine Smartwatch vermeldete jetzt auch brav eine Warnung, die ich so noch nie gesehen habe: „Hoher Puls im Ruhezustand“. Muhahaha, da habe ich mich wohl etwas anstecken lassen!
Und es sind eben nicht nur junge Mädchen, die hier ihrem Idol gegenüberstehen. Geschlechts- und religionsübergreifend war alles vertreten. Und ganz ehrlich, es war amüsant zu beobachten, wie einige „Ich wurde von meiner Freundin gezwungen“-Shirt-Träger dann doch recht textsicher agierten. Schon beim vierten Song, „You Need to Calm Down“, waren ALLE Hände in der Luft. Magisch.
Okay, vielleicht nicht alle. Es gibt noch die Sorte „Kritisierende“, die offenbar von ihren Magazinen, Zeitungen oder Verlagen zu diesem Konzert gezwungen wurden. Die sitzen dann halt da, mit geballten Fäusten in den Hosentaschen, und konzentrieren sich lieber darauf, auf Teufel komm raus im Kopf schon mal den mürrischen Rant gegen einfach alles, was man so sieht, durchzuformulieren. In noch längeren Schachtelsätzen. Hauptsache, man hört den Berlin-Style heraus, ohne ihn explizit zu erwähnen. Ich verwette ein Magnum-Eis darauf, dass der ein oder andere Text vorher einfach schon fertig war und im Nachhinein nur um ein paar „lustige“ Anekdoten ergänzt wurde. Isn’t it? Isn’t it? Isn’t it delicate? Sei’s drum.
Gibt es denn überhaupt etwas zu kritisieren? Ja. Die Show ist selbstverständlich fast minutiös durchgetaktet. Eine künstlerische Abweichung ist, mit Ausnahme der Surprise-Songs, nicht drin. Die (verdiente) Standing Ovation, also diese eine besondere, ist bei jedem Auftritt an der gleichen Stelle, nämlich nach „Champagne Problems“. Taylor ist nach wie vor jedes Mal „überrascht“. Natürlich ist das Show! Der Hut, der an ein meist kleines Mädchen verschenkt wird, wurde wahrscheinlich fünf Minuten vorher aus der Verpackung genommen und wird eigentlich nur von Taylor die Bühne entlang transportiert. Es ist ja nicht so, dass sie ihren langjährigen Glücksbringer bedeutungsschwanger einer besonderen Person schenkt. It’s show business.
Zwischendurch zieht es sich doch auch etwas hin, gerade die langsameren Lieder, die jetzt allesamt nicht schlecht sind, nehmen etwas den Schwung raus. Nicht umsonst haben sich zu bestimmten Songs ganze Horden auf den Weg zur Toilette gemacht. Das wurde in diversen Facebook-Gruppen auch reichlich strategisch durchgeplant. Erdbeben werden eben doch zu „Shake It Off“ gemessen, und nicht zu „Cardigan“. Der Aufwand an Bühnenbild und Choreographie ist sicherlich noch steigerungsfähig, ist aber längst nicht so schlecht, wie manch eine zeitgenössische Sängerin es unlängst beschrieben hat. Es wurden dann doch auch einige Länder durchgetourt. Das Bühnenbild von Adele in München 2024 war da um einiges aufwendiger, aber sie hatte in der bayerischen Landeshauptstadt quasi auch ihre Zelte aufgeschlagen.
Für mich war das aus persönlicher Sicht ein geniales Erlebnis. Einmal die gleiche Luft wie Taylor Swift atmen, diese besondere Stimmung erleben. Für Adele muss ich in Stimmung sein, Taylor geht quasi immer. Grüße gehen an dieser Stelle an Friedrich raus. Friedrich war unser Sitznachbar und hat die gesamte (!) Europatournee gebucht. In einem Gespräch vor dem Konzert hat er mir sein Lieblingsalbum verraten: „The Tortured Poets Department“. Ihr ahnt es – ich konnte meine erste Reaktion nicht verheimlichen. Er hat mir aber versprochen, dass ich das nach dem Live-Auftritt möglicherweise anders sehen würde. Friedrich, du hast Recht. Die Live-Performance dieser Ära war wirklich etwas Besonderes; man merkt, wie sie dieses Album mit Herzblut vorträgt. Auch wenn es weiterhin nicht mein Lieblingsalbum wird, läuft es hier doch öfter als zuvor.
Die FUJI!
Auweia, eine endgültige Meinung zur Kamera gibt es nach 3,5 Stunden Taylor-Wahnsinn leider nicht. Fast alle Bilder in diesem Artikel sind direkt aus der Fuji ohne jegliche Bearbeitung hier gelandet. Das größte Verkaufsargument sind unter anderem die Farben und der besondere Look, für den die Fujikameras bekannt sind. Technisch ist es auf jeden Fall beachtlich, was alles in dem kleinen Kasten steckt. Habe ich mir während des Konzerts trotzdem eine meiner Nikons gewünscht? Ja! Und zwar sehr oft. Aber sie waren eben nicht erlaubt, und deshalb war die X100VI einfach das Beste, was ich aufzubieten hatte. Etwas mehr Brennweite hätte den Bildern sicherlich teilweise besser gestanden, aber grundsätzlich kann man nicht meckern.
Wäre ich komplett unzufrieden gewesen, hätte ich die Kamera gleich nach dem Konzert wieder veräußert – an Abnehmern mangelt es sicherlich nicht. So ist sie aber erstmal in meinem Besitz geblieben und wird sich weiter ihren Weg in mein Kameraherz erarbeiten dürfen. Es wäre auch ungerecht, aufgrund dieser einen speziellen Einsatzsituation einen objektiven Erfahrungsbericht abzuliefern. Ein etwas ausführlicherer Bericht erscheint demnächst; den Kalkbrenners Paul in Bayreuth darf sie übrigens auch noch ablichten.